31.10.2019
Blog

Language, Identity, Design, Communications: Muss heute alles „corporate” sein?

von
Jennifer Starke (in Elternzeit)
Lesedauer: 3
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„Unsere Corporate-Communications-Abteilung hat über die aktuellen Corporate-Design-Richtlinien geschaut und wir überlegen, uns eine neue Corporate Identity zu geben, inklusive eigener Corporate Language versteht sich.“ Kommt Ihnen dieser Satz bekannt vor? Bei dem ganzen PR-Jargon (ich benutze extra nicht das Wort Floskeln) frage ich mich manchmal, ob heutzutage wirklich alles „corporate“ sein muss.

Ein bisschen Standardisierung ist schön!

Natürlich gibt es feste Kommunikationsabteilungen in Unternehmen, oft als Corporate Communications, bezeichnet – und das ist auch gut so. Nicht nur große Unternehmen haben inzwischen erkannt, dass Kommunikation ein wichtiger Baustein ist, um die Unternehmensstrategie umzusetzen und Wertschöpfung zu schaffen. Wo früher maximal ein Pressesprecher Journalistenanfragen annahm, werkeln heute verschiedene Mitarbeiter an Unternehmenswebsite, Social-Media-Kanälen, Pressemitteilungen, Mitarbeiterzeitschriften, Intranet und Events.

Und da sich die Unternehmenskommunikation allgemein in den letzten Jahren deutlich professionalisiert hat, ist es nur folgerichtig, unternehmensweite Design-Richtlinien einzuführen, ein sogenanntes Corporate Design zu entwickeln. Denn nur wenn Visitenkarten, E-Mails, Website, Broschüren und Videos mit einheitlichen Farben und Schriftarten wie aus einem Guss erscheinen, präsentiert man sich als Marke nach außen und wird auch als solche wahrgenommen.

Eine eigene Unternehmenssprache ist mit Sicherheit kein Muss, eher ein Nice-to-have. Auch sie schafft Wiedererkennung bei den Zielgruppen und spiegelt im Idealfall die Persönlichkeit des Unternehmens wider.

Ein bisschen weniger Unternehmen, bitte schön!

So schön und wichtig das alles ist, gibt es aus meiner Sicht aber einige Dinge, die niemals „corporate“ werden sollten. Das sind Pressethemen und -texte, Antworten in Interviews und Fachbeiträge. Und das hat verschiedene Gründe:

  • Selbstverständlich kommen die Themen, die man den Medien anbietet, in erster Linie aus dem Unternehmen. Sie werden aber selten Nachrichtenwert haben, wenn sie reine Unternehmensthemen sind, die keinerlei Anknüpfungspunkte an gesellschaftlich relevante Fragestellungen haben. Was interessiert die Leser, Zuschauer oder Hörer daran, dass mein Unternehmen ein neues Gebäude baut? Vielleicht wird es ja spannend, wenn gleichzeitig hunderte neue Mitarbeiter eingestellt werden oder der Neubau Ausdruck des Unternehmenswachstums ist, das ich mit Zahlen belegen kann? Viel besser noch ist es, wenn die Themen von der anderen Seite gedacht werden: Was interessiert die Menschen da draußen? Welche Erwartungen haben meine Zielgruppen? Welche Themen stehen gerade auf der Medienagenda? Zu diesen Themen sollte man, falls möglich und relevant, Stellung nehmen und einen kleinen Bezug zum Unternehmen mitschwingen lassen. Die Betonung liegt auf „kleinen“, denn Sie wollen ja nicht in die Corporate-Falle tappen.
  • So wie die Themen, dürfen auch die Pressetexte nicht zu viel Unternehmens-Bla Bla enthalten. Sonst wandern sie bei den Journalisten sofort in den Papierkorb. Vermeiden Sie Floskeln, Worthülsen, unkonkrete Botschaften, nichtssagende Zitate, Fachwörter und Endlos-Sätze. Dass Ihr Unternehmen groß, wichtig und besonders ist, sollten Sie mit Ihrem Text transportieren, aber nicht plakativ sagen. Das gilt natürlich auch für Gast- oder Namensbeiträge in Fachmedien. Sie wollen schließlich als Experte auf Ihrem Gebiet wahrgenommen werden und nicht den Eindruck erwecken, dass sie bloß Werbung machen wollen.
  • Antworten in Interviews sind ein besonders heikles Thema. Man muss einen Spagat schaffen: die Fragen des Interviewers beantworten, aber auch die Unternehmensbotschaften rüberbringen und dabei möglichst nichts sagen, was die Rechtsabteilung nicht erlauben würde. Häufig führt das dazu, dass Interviewpartner antworten, ohne wirklich etwas zu sagen, bei allem vage bleiben und keine Position beziehen bzw. eine Position einnehmen, die sowieso schon Konsens in der Gesellschaft ist. Mit etwas Glück werden auch solche Interviews abgedruckt oder gesendet, die Kommunikationsabteilung freut sich über die Berichterstattung. Aber ist es das wirklich wert? Können wir das als Erfolg zählen oder ist es nicht viel wahrscheinlicher, dass der Leser den Artikel nicht zu Ende liest, weil er sowieso nichts Relevantes mitnehmen kann? Schlimmstenfalls verbindet er das Unternehmen sogar mit Eigenschaften wie „inhaltsleer“, „uninspirierend“ und „langweilig“. Hier ist es hilfreich, vorab Botschaften und Positionen abzustimmen und die Meinung des Unternehmens, CEOs oder Sprechers zu aktuellen und wichtigen Themen prägnant darzustellen. Aber Achtung: Eine eckige und klare Meinung ist wichtig. Es sollte dazu aber immer auch Argumente, Daten und Fakten aus dem Unternehmen geben, die diese Haltung belegen.

Gelungene externe Kommunikation vermittelt journalistisch wertvolle Inhalte ohne zu „corporate“ zu wirken, aber auch ohne den Bezug zum Unternehmen zu verlieren. Orientierung an den Wünschen der Zielgruppe ist mal wieder das Wort der Stunde. Das gilt übrigens auch für die interne Kommunikation.

verfasst von:
Jennifer Starke (in Elternzeit)
Senior-Beraterin