20.8.2021
Blog

Rhetorikvergleich nach dem Hochwasser III: Olaf Scholz

  • Scholz ist derzeit beliebtester Kanzlerkandidat
  • Ein starker Fokus liegt beim Thema Finanzen
  • Vorher auffällig zurückhaltend, kommuniziert der SPD-Kandidat jetzt nachdrücklicher
von
Ricarda Fischer (in Elternzeit)
Lesedauer: 3 Minuten
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Sein Slogan verspricht „Scholz packt das an.“ Wenn ich zunächst so frei sein darf: Das wirkt nicht so?! Energiegeladen ist anders. Aber: Scholz‘ ruhige Art sorgt zumindest nicht für Kinnladenkippen. Während seines Besuchs mit Wettbewerber Laschet im Katastrophengebiet wirkt er bodenständig, spiegelt sein Verständnis der katastrophalen Situation und erklärt ruhig, dass finanzielle Hilfe auf dem Weg sei. Er vermittelt, dass es eine „gemeinsame Antwort des ganzen Landes“ geben müsse und wir vor einer Aufgabe stehen, „[…] die uns viele Jahre begleiten wird.“ In Scholz’ Rhetorik liegt keine überbordende Emotion, aber in gewisser Weise Ruhe und Gemeinschaftsgeist, Fokus.

Nachdrücklich in der Erkenntnis

Aber wie sieht es bei ihm mit dem Blick in die Zukunft aus? Wie formuliert er nach der Hochwasserkatastrophe das Thema Klimapolitik? „Jetzt hat hoffentlich der letzte kapiert, dass der Menschen gemachte Klimawandel auch bei uns ankommt. Wir müssen endlich bei der […] Umstellung auf CO2-neutralen Strom schneller vorankommen“, sagt er im Interview mit der Bild am Sonntag. Das klingt schon eher nach Nachdruck.

Scholz setzt auf „Abholen“

Was bei Scholz auch auffällt, ist seine rhetorische Komfortzone „Finanzminister“. Wo Baerbock große, abrupte Veränderung vermitteln will und in erster Linie auf Veto-Taktik setzt, verspricht er für Maßnahmen zum Klimaschutz Entlastung der Bürger:innen: „Unsere Lösung einer sozialen Klimapolitik setzt beim Strompreis an.“ Auch eine „zweite industrielle Revolution“ nimmt er in den Mund. Man merkt: Er schießt gegen die Verzichtsschiene und setzt beim unterstützenden, zum Wandel befähigenden Sprachmodell an. Damit setzt er wohlmöglich aber auch darauf, die große Panik zu vermeiden.

Soweit ein Auszug aus dem Rhetorikrepertoire der Kanzlerkandidat:innen nach dem Jahrhunderthochwasser. Alarmiert sind sie irgendwie alle und äußern, dass es Bewegung geben müsse, beim Thema Klimapolitik. Genauer hingeschaut ergibt sich jedoch der Eindruck von Laschet mit Fähnchen im Wind und Hang zur Empathielosigkeit, von Baerbock, die – zwar eindringlich – dennoch gerne die „Ich hab’s euch doch gesagt“-Karte ausspielt und von Scholz, der zwischen zwei Mitstreiter:innen im Fettnäpfchen-Chaos doch sehr, sehr ruhig und auf einmal präsenter wirkt. Betrachtet man den rein kommunikativen Auftritt vor dem Hintergrund der vergangenen Ereignisse, so verwundern die derzeitigen Umfragewerte für Scholz als Person nicht.

Bildquelle: Pressefoto, Bundesfinanzministerium

verfasst von:
Ricarda Fischer (in Elternzeit)
Senior-Beraterin