19.8.2021
Blog

Rhetorikvergleich nach dem Hochwasser II: Annalena Baerbock

  • Trotz Fettnäpfchen: Baerbock verfolgt rhetorisch eine klare Linie
  • Die Kanzlerkandidatin der Grünen formuliert frei nach vorne
  • Auffällig sind Kritik an Versäumnissen und Seitenhiebe
von
Ricarda Fischer (in Elternzeit)
Lesedauer: 3 Minuten
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Nach dem ein oder anderen Fettnäpfchen geht der Trend nach unten. Die Umfragewerte der Grünen liegen im aktuellen ZDF-Politbarometer bei 19 Prozent, gleichauf mit der SPD, aber zwei Prozentpunkte hinter dem vorherigen Wert. Trotzdem: Baerbock gibt sich mit nach vorne gerichtetem Blick. In ihrer Sprache im Nachgang zur Hochwasserkatastrophe beschreibt sie – genauso wie ihre Mitkandidaten – die Situation als verheerend, nimmt Anteil.

Auch sie fordert sofortig bessere Vorbereitung auf extreme Wetterereignisse. Und: Baerbock macht den nötigen Sprung zur langfristigen Veränderung unmittelbarer deutlich. Es gehe jetzt um die „großen Fragen“, wie etwa den Ausstieg aus der Kohleenergie.

Die Kommunikation ist „aggressiver“

„Wir brauchen radikale Maßnahmen für heute“, sagt sie im Forum der Frankfurter Rundschau. Und im ZDF-Interview mit Herrn Kleber möchte sie „[…] diese Klimakrise in den Griff bekommen.“ Kleber hakt etwas provokativ nach und fragt nach „neuem Wind“. Wo Laschet an ähnlicher Stelle patzig wird, kontert Baerbock damit, glaubwürdige Politik machen zu wollen. Die Dramatik der Klimakrise sei nicht erst seit heute bekannt, daher brauche es auch eine Bundesregierung, „die […] wirklich, wirklich handelt.“ Es wird deutlich: Baerbock – vielleicht auch, weil sie weniger regierendes Gewicht mit sich trägt – formuliert stärker nach vorne, freier.

Konsistent, aber gespickt mit Seitenhieben

Was in ihrer Rhetorik mitschwingt, sind an vielen Stellen aber auch harsche Kritik, Hinweise auf Versäumnisse, verpasste Verantwortung. Das ist auffällig. Zwar sagt sie, es gehe nicht um Schuldzuweisungen, hat davon aber einige auf Lager: Union und Kanzlerkandidat hätten weder Warnungen vor dem Klimawandel beachtet noch ein Konzept für die Zukunft, ist eine beispielhafte.

Oftmals hört man von Baerbock die Klage, den Grünen sei beim Thema Klimaschutzmaßnahmen nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt worden. Ein „Selbst schuld“ klingt nach. Baerbock spricht dann von „Richtungsentscheidung“ und davon, „das nächste Jahrzehnt mutig [zu] gestalten“ und fährt die Strategie, sich im – den Grünen so eigenen – Fokus-Feld Klima von der Konkurrenz abzuheben.

Auch, wenn aufgrund ihrer vergangenen Patzer die Umfragewerte nicht gerade durch die Decke gehen: In der Konsistenz ihrer Äußerungen ist Baerbock zumindest sattelfest. Man mag ihr eher abnehmen, dass sie das Signal zum Anlass für Veränderung nehmen möchte. Die Strategie, Versäumnisse zu kritisieren, geht am Ende natürlich nur dann auf, wenn man es selbst tatsächlich besser macht.

Weniger aggressiv tritt Olaf Scholz indessen auf. Aber um ihn gibt es auch weniger Hysterie … Morgen suche ich an gleicher Stelle danach, was das mit seiner Sprache nach der Hochwasserkatastrophe macht.

Bildquelle: Michaell23, 2018 Annalena Baerbock Presse1 Urban Zintel, CC BY-SA 4.0

verfasst von:
Ricarda Fischer (in Elternzeit)
Senior-Beraterin