27.3.2019
Blog

Strategische Partnerschaften – eins und eins macht gleich drei?

von
Anatoli Kolembach
Lesedauer: 3
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Zwei Perspektiven

Kooperationen, Bündnisse oder strategische Partnerschaften – wir erhalten regelmäßig die frohe Botschaft einer neuen, bahnbrechenden, die Welt verändernden Kooperation oder Partnerschaft. Alles ist neu, innovativ und natürlich für alle Seiten ein absoluter Gewinn. Mal ehrlich, solche Meldungen sind mittlerweile altbekannt und entlocken uns immer seltener ein aufrichtiges Wow.Bei einer Kooperation zwischen einer NGO und einem Unternehmen hört man dann aber doch schon eher hin.

Auf den ersten Blick erscheint sie wenig intuitiv und ja, eine gewisse Skepsis ist angebracht. Warum sollte man sich den „Feind“ ins eigene Lager holen oder mit diesem gar zusammenarbeiten? Dennoch vereint diese auf den ersten Blick sich widersprüchliche Kooperation eine Überzeugung – gemeinsam lassen sich viele Probleme besser bewältigen. Die globale Klimapolitik gilt dabei als exemplarisch für die Entstehung dieses neuen Partnerschaftsparadigmas. Aber wie wird eine solche Partnerschaft kommunikativ aufgebaut bzw. begleitet und was bedeutet das eigentlich?

Chancen und Risiken

Das Bild ist schwer zu vereinbaren. David und Goliath, Rotkäppchen und der böse Wolf – gehen Hand in Hand und retten die Welt – zugegeben etwas überspitzt formuliert. Aber was erhofft man sich aus einer Kooperation zwischen einer NGO und einem Unternehmen eigentlich? Denn ganz klassisch betrachtet die breite Öffentlichkeit NGOs als Rivalen oder Gegenspieler privater Unternehmen, häufig mit der Hoffnung die Macht eben dieser zu begrenzen und einzudämmen. Eine ehrenvolle Aufgabe, die mit einer Kooperation endet? In gut oder böse zu unterscheiden ist an diesem Punkt zu kurz und zu einfach gedacht.

Dennoch - die Grundidee dahinter ist klar: Man tauscht Perspektiven aus, Prozesse und Strukturen werden unter die Lupe genommen, optimiert und verbessert. Man gewinnt neue Einblicke und ein anderes Verständnis für die Abläufe des anderen und kann somit seine Verbesserungsvorschläge effizienter einbringen und Umsetzen – Synergieeffekte nutzen.  Dabei gestaltet sich die Kooperation in verschiedene Formate aus, die von konfrontativen bis hin zu dialogbasierten Strategien reichen können. Letztendlich kommt es uns und unserer Umwelt zu Gute – so die Idee.

Je enger sich die Zusammenarbeit zwischen NGOs und Unternehmen ausgestaltet, desto mehr Risiken bilden sich allerdings vor allem für NGOs ab. Geld, Macht, Abhängigkeiten und letztendlich die eigene Reputation sind zentrale Aspekte.  Der Vor­wurf, käuflich zu sein, lässt sich nicht immer von der Hand weisen– schwarze Schafe tun ihr übriges. Das Risiko, die wichtigste Ressource, die eigene Glaubwürdigkeit, zu verspielen, ist entsprechend hoch. Es kann sogar die eigene Existenzgrundlage gefährden.

Zugleich sind NGOs selbstverständlich auf Finanz­zuflüsse angewiesen. Diese speisen sich neben Einzel­spenden und staatlichen Geldern häufig auch aus Zahlungen von Unternehmen. Dass Unternehmen sich mit dem Vorwurf des „Greenwashing“ auseinandersetzen müssen, ist zwar ebenso problematisch, allerdings stellt es zunächst keine ernsthafte Existenzbedrohung dar. Das Bild, dass NGOs am Rockzipfel der Unternehmen hängen, lässt sich nur schwer wegwischen. Am Ende müssen die umgesetzten Projekte für sich sprechen.

Bevor der Sparringspartner ins Haus kommt

Die Perspektive der breiten Öffentlichkeit ist schnell eingenommen – das Urteil schnell gefällt. Wagen wir einmal einen anderen Blick auf die strategischen Kooperationen und nehmen die interne Perspektive einer NGO ein. Damit eine strategische Partnerschaft nicht zu einem Vabanquespiel wird und am Ende in der Summe gleich drei ist, bedarf es Veränderungsprozessen, die kommunikativ begleitet werden und in der eigenen Organisation beginnen müssen.Die Entscheidung ist gefällt, der Partner ausgesucht, erste Gespräche laufen womöglich schon. Besser noch, die eigenen Mitglieder werden bereits vor der Bekanntmachung eines neuen Partners in den Prozess eingebunden. Was heißt das nun? Welche wesentlichen Prozesse oder Schritte müssen nun unternommen werden, damit das Projekt nicht schon im Vorhinein zum Scheitern verurteilt ist?

  • Das eigene Wertekonstrukt muss nochmals auf Herz und Nieren überprüft werden, denn der Stresstest wartet schon.
  • Die Mitglieder und eigenen Mitarbeiter müssen in diesen Change-Prozess intensiv eingebunden werden, d.h. es müssen frühzeitig Ressourcen und Zeit eingeplant und zur Verfügung gestellt werden.
  • Im Idealfall werden rechtzeitig Dialog-Formate eingerichtet und in regelmäßigen Abständen angeboten – bevor es zum tatsächlichen Change-Prozess kommt, denn dann wird es schnell hektisch und die eigenen Botschaften entfalten nicht die gewünschte Wirkung.
  • Dialog bedeutet auch, kritische Meinung anzuhören und ernst zu nehmen. Das schafft Vertrauen und eine stärkere Bindung. Das Ziel ist dabei aber nicht, alle Mitglieder vollends zu überzeugen oder gar umzukehren. Es ist vielmehr, den Dialog fortwährend aufrechtzuerhalten. Auch wenn es mal schwierig und unbequem wird.
  • Mögliche Change-Agents müssen identifiziert und aufgebaut werden.

Was bleibt

Immer öfter werden vornehmlich die Chancen einer Kooperation gesehen – man lernt voneinander, die Wachsamkeit für sensible Themen bleibt erhalten. Das Potenzial, gemeinsam großes zu bewegen wächst– Super! Die goldene Mitte dafür zu finden ist aber ein Drahtseilakt, der eine sensible kommunikative Begleitung im gesamten Prozess und darüber hinaus benötigt. Damit die Chancen überwiegen, sollte sowohl intern als auch extern eine Kooperation keinen abgeschlossenen Prozess darstellen. Es bedarf der fortwährenden Transparenz und einer Dialogbereitschaft, die sich sowohl an die breite Öffentlichkeit als auch an die Mitglieder richtet.

verfasst von:
Anatoli Kolembach
Berater
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a.kolembach@vomhoff.de