Kenne deine Zielgruppe – Reputationsmanagement in Transformationsprozessen
- Reputation ist das, was ankommt
- Reputationsmanagement antizipiert Widersprüche
- Dialog mit der Belegschaft bei Veränderungen ist Sache der Führungsebene
Der gute Ruf steht über allem. Er ist Synonym für Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Integrität. Doch wem diese Eigenschaften zugesprochen werden, bestimmen nicht die Absender:innen selbst. Reputation, der gute Ruf, ist darauf angewiesen, wie das Gegenüber Gesagtes, Geschriebenes und die Haltung, die sich dahinter offenbart, bewertet.
Nun lassen sich Erwartungen und Einstellungen nicht immer über einen Kamm scheren. Das gilt insbesondere für Unternehmen und ihre verschiedenen Bezugsgruppen.
So kann ein Effizienzprogramm bei Mitarbeitenden Angst um den Arbeitsplatz auslösen, für Aktionär:innen und Kapitalgeber:innen hingegen die Dividende pushen. Investitionspläne für den Ausbau eines Produktionsstandorts verheißen den dort Beschäftigten wiederum Wachstum und sichere Arbeitsplätze. Für die betroffenen Anwohner:innen jedoch bedeutet dies unter Umständen eine Beeinträchtigung der Lebensqualität.
Des einen Freud ist des anderen Leid. Mit diesem hochsensiblen Drahtseilakt muss das Reputationsmanagement umgehen. Vertrauen und Glaubwürdigkeit bei Konfliktthemen zu sichern, ist ihr Metier. Umso wichtiger ist eine gut austarierte Kommunikation bei Vorhaben, die unterschiedliche Reaktionen auslösen. Insbesondere bei Transformationsprozessen mit weitreichenden Änderungen des Geschäftsmodells gilt es, die ausgelöste Wahrnehmung und Wirkung zu antizipieren.
Transformation bedeutet für die Organisation eines Unternehmens, Prozesse, Strukturen und Ressourcen zu planen und innerhalb der Organisation zu verorten. Gesellschaftliche, soziale, kulturelle oder gruppendynamische Aspekte werden hierbei jedoch häufig nicht hinreichend oder nur nachgelagert bedacht. Die Reputation aus Sicht der Shareholder:innen steht allzu oft im alleinigen Fokus, während die Integrität gegenüber den Mitarbeitenden auf der Strecke bleibt.
Das rächt sich spätestens dann, wenn Transformationsvorhaben im Unternehmen kritisch hinterfragt werden, sind sie doch auf Verständnis und Zustimmung innerhalb der Belegschaft angewiesen. Nicht selten wird zu spät, unvollständig, unverständlich oder scheibchenweise informiert. Das nagt an der Glaubwürdigkeit. Hinzu kommt, dass in feinster technokratischer Sprache zwar über das „wie“ der Transformation referiert wird, man über das „warum“ indes wenig erfährt. Letzteres ist es aber, was die Mitarbeitenden wissen wollen. Erst, wenn sie das „warum“ verstehen, sind sie womöglich bereit, den neuen Weg mitzugehen. Keine substanzielle Veränderung gelingt, wenn Menschen im Unternehmen nicht überzeugt sind.
Kommunikation ist kein Hygienefaktor – sie ist fruchtbarer Boden, auf dem Veränderungen gedeihen. Doch dazu braucht es detaillierte Informationen. Reine Verlautbarung macht verdächtig und schmälert das Vertrauen. Bleibt das „warum“ ungesagt, wird es zum Gesprächsthema des Flurfunks. Ein gefährliches Spiel – geht doch die Hoheit über die eigene Reputation verloren, wenn andere das Themensetting übernehmen. Es muss daher auch über die Hintergründe und die schwierigeren Phasen der Transformation gesprochen werden. Fragen, Kritik und Unverständnis brauchen Raum – und Antworten. Die persönliche Präsenz von CEOs als Orientierungsgeber:innen ist jetzt gefordert: live und in Farbe, an unterschiedlichen Stellen und Zeitpunkten, im Austausch mit Mitarbeitenden.
Die Unternehmenskommunikation gehört in der Vorbereitung von Transformationen mit an den Planungstisch. Sie muss die Erwartungen und Einstellungen der verschiedenen Stakeholder:innen antizipieren und mit widersprüchlichen Interessen jonglieren. Die beste Ausgangslage zeigt sich, wenn der gute Ruf bei allen Parteien bereits gefestigt ist und auch schwierigere Zeiten überstehen kann. Doch dazu muss er gepflegt werden. Wer nicht den offenen und ehrlichen Dialog sucht, verspielt Vertrauen und Glaubwürdigkeit – verspielt die eigene Reputation.