25.4.2018
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Must have: Kommunikation ist die beste Investition in Veränderungsprozessen

von
Armin Voigtland
Lesedauer: 5
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Die otto group berichtet in dprg-Arbeitskreissitzung von ihrem Kulturwandel

Maschinen, die selbstständig lernen, Schnellladesäulen, die E-Fahrzeuge in acht Minuten laden und Sprachassistenten, die Logistik-Abläufe verändern – die Hannover Messe 2018, die weltweit größte Industriegütermesse, bestimmt seit Anfang dieser Woche die Schlagzeilen. Das Schlagwort „Industrie 4.0“ ist seit der Hannover Messe 2011 zum geflügelten Wort geworden und die Digitalisierung der Produktion, Künstliche Intelligenz und Disruption sind die großen Themen. Unternehmen, die die Potenziale der Digitalisierung heben wollen, wissen: Es kommt dabei auf die eigenen Mitarbeiter an. Die otto group in Hamburg hat dies mit ihrem „Kulturwandel 4.0“ ins Zentrum ihrer Unternehmensentwicklung gestellt und im Rahmen einer dprg-Arbeitskreissitzung erläutert.

Der Ausgangspunkt der für die otto group bahnbrechenden Transformation war ein Bilanzverlust im Geschäftsjahr 2015/2016. Nachdem die Strategie-Abteilung ihre Analysen dafür aufgelistet hatte, gab es „on top“ noch eine grundlegende Erläuterung: Zu viel Bürokratie, zu viele „Silos“, zu viel Komplexität und zu wenig Agilität prägten die gesamte Unternehmensgruppe, bestehend aus 123 Unternehmen mit über 50.000 Mitarbeitern. Der Aufsichtsrat und der Vorstand haben sich nach einiger Zeit und einigen Diskussionen das Thema auf die Fahnen geschrieben und weiter getrieben. Denn sie haben erkannt, dass der Kulturwandel ein strategisches Handlungsfeld ist. Wenn in diesem Bereich nichts getan würde, würde das gesamte Unternehmen irgendwann überrollt werden.

Sichtbare Zeichen der Veränderung

Wesentlich war es daher, in der gesamten Unternehmensgruppe das Umdenken aller bisherigen Arbeits- und Verhaltensweisen zu fordern und zu fördern. Flache Hierarchien, mehr Mut und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen sollten entstehen. In einem bewussten Regelbruch wurden zum Kick-Off-Termin mit dem Vorstand beispielsweise „normale“ Mitarbeiter – und nicht die Geschäftsführer der Unternehmen – eingeladen. Zudem führte das familiengeführte Unternehmen das Duzen – bis hinauf zur Vorstandsebene – ein und alle Vorstandsmitglieder nahmen sich in „Workstreams“ mit Mitarbeitern aller Hierarchieebenen verschiedener Themen an.

Als weiteres, sichtbares Zeichen der Veränderung entstand der Coworking Space „Collabor8“. Hier können sich Mitarbeiter auf rund 1.700 Quadratmeter Fläche auf der obersten Etage eines Firmengebäudes in einem kreativen Umfeld abseits des eigenen Schreibtischs treffen, sich miteinander austauschen, in Teams Projekte weiterentwickeln oder gemeinsam neue Ideen kreieren. Auch der offen und architektonisch einladend gestaltete Campus auf dem Firmengelände, Büroräume mit innovativem Mobiliar und Design sowie Arbeitsmöglichkeiten manifestieren diesen Transformationsprozess weiter.

Haltung ist entscheidend

Ganz entscheidend ist, dass sich die Haltung bei der otto group geändert hat. Nicht alles wird mehr von oben verordnet oder kontrolliert, es wird mehr ermutigt und zugelassen. Die einzelnen lokalen Einheiten arbeiten autonomer, die Mitarbeiter bekommen Raum zum Experimentieren und werden stärker wertgeschätzt. Sich öffnen heißt auch, dass man in einigen Bereichen mit der Konkurrenz – zum gegenseitigen Vorteil – zusammenarbeitet.[caption id="" align="alignnone" width="320"]

Foto: Armin Voigtland[/caption] Der gesamte, seit 2015 laufende Transformationsprozess, lief natürlich – das sagt die otto group – nicht ohne Reibungen, Komplikationen und Widerstände. Das seit 2017 bestehende Kulturwandel-Team hatte und hat auch nicht den allgemeingültigen Plan, der einfach über alle Gesellschaften ausgerollt wurde und wird.

Dieses aktuell siebenköpfige Team schafft aus seinen gesammelten Erfahrungen in der Unternehmensgruppe als Prozessbegleiter lediglich einen Rahmen, der dann von den Unternehmen und Mitarbeitern vor Ort umgesetzt wird.Nicht jedes Unternehmen hat diese Möglichkeiten, einen notwendigen Transformationsprozess mit so großen personellen, zeitlichen und finanziellen Ressourcen zu begleiten. Gleichwohl fordern die digitale Transformation und moderne Arbeitsformen die Unternehmen, sich dem notwendigen Veränderungsprozess zu stellen. Was ist also zu tun?

Vorbildfunktion Chefetage

Neben Analyse, strategischer Planung und Organisation des Change-Prozesses ist die glaubhafte Unterstützung durch die Führungsebene ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Der Vorstand sollte einen Change-Prozess nicht nur einfordern, sondern ihn auch vorleben. Selbstverständlich denkt die Geschäftsführung bei der Implementierung eines Veränderungsprozesses nicht als allererstes an „coole“ Arbeitsmöglichkeiten für die Mitarbeiter, sondern eher an Effizienz und den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Wer jedoch erwartet, dass sich die Mitarbeiter an vorgegeben Werten orientieren, appelliert an ihre Haltung. Daher sollte man Mitarbeiter in solchen umwälzenden Prozessen teilhaben lassen, sie mitnehmen und dies klar kommunizieren.

Kommunikation ist zentraler Erfolgsfaktor

Kommunikation insgesamt hat die Schlüsselfunktion für das Gelingen des Veränderungsprozesses. Denn dieser löst Fragen, Ängste und Widerstände bei Mitarbeitern aus, die geklärt, kanalisiert und moderiert werden müssen. Der Change-Prozess benötigt als Grundlage daher ein strategisches Kommunikationskonzept, das gleichzeitig Unternehmensinteresse sowie Befürchtungen und Erwartungen der Mitarbeiter berücksichtigt. Denn entscheidend ist es, Verständnis, emotionale Zustimmung und Vertrauen für den Veränderungsprozess zu wecken – nur so kann er gelingen.Kommunikation ist in Veränderungsprozessen daher das absolute „Must have“.

Sie ist der strategische Erfolgsfaktor für einen Transformationsprozess im Unternehmen und schafft die Grundlage dafür, dass andere Unternehmensbereiche erfolgreicher wirtschaften. Attraktive Arbeitsräume, smarte Technik und architektonische Leuchttürme sind sicherlich sichtbare Zeichen für den Wandel in einem Unternehmen. Aber erst, wenn die Mitarbeiter den Veränderungsprozess überzeugt mitgehen, kann er seine Wirkung entfalten. Daher sind Ausgaben für Kommunikation die beste Investition, die Unternehmen im Veränderungsprozess tätigen können.

verfasst von:
Armin Voigtland
Senior-Berater
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