11.5.2017
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Die re:publica 2017 – Mehr als Nerds und Internet

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Lesedauer: 6 Minuten
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In dieser Woche fand die re:publica bereits zum elften Mal in Berlin statt. Was einst als Bloggerkonferenz begann, ist inzwischen zu einer interdisziplinären Veranstaltung mit mehr als 8000 Teilnehmenden geworden, auf der sich schon lange nicht mehr nur über Internetthemen, sondern zunehmend auch über gesellschaftliche Phänomene und Entwicklungen ausgetauscht wird.

Auf der re:publica treffen sich Blogger, Medienspezialisten, Twitterer, Netzaktivisten, ITler, Nerds, Wissenschaftler, politisch und gesellschaftlich Aktive und Neugierige, um drei Tage lang ihr Wissen nicht nur zu teilen, sondern auch zur Diskussion zu stellen.

So ging es dieses Jahr unter dem Motto „Love out Loud“ auf der republica und der Schwesterkonferenz Media Convention Berlin nicht nur darum, wie man mit Phänomenen wie Hate Speech und Fake News umgehen soll, sondern unter anderem auch um die Digitalisierung von Unternehmen und ihren Angeboten, Netzpolitik, Storytelling, Künstliche Intelligenz, digitale Gesundheit und um Arbeit 4.0.

Ein bunter Themenstrauß – dominiert von den großen Trends unserer Zeit

In vielfältigen Sessions wurden auf re:publica und Media Convention Berlin so unterschiedliche Phänomene wie Social Bots, Storytelling mit Virtual Reality, Community Management, Bedingungsloses Grundeinkommen und Möglichkeiten einer agilen Arbeitspolitik diskutiert.

In Zeiten des Wahlkampfes waren auch Innenminister Thomas de Maizière und Andrea Nahles,Ministerin für Arbeit und Soziales, dabei. Sie stellten sich den Fragen der Teilnehmer zu strittigen Themen wie der Einstellung der Bundesregierung zum bedingungslosen Grundeinkommen und der Netzpolitik.

Besonders im Fokus standen unterm Strich in diesem Jahr also auch zahlreiche Themen, die für Kommunikatoren unter Gesichtspunkten wie Community Management, Öffentlichkeitsarbeit und Change Kommunikation relevant sind.

Erkenntnisse für Kommunikatoren– Fake News

Ein Thema, das die Unternehmenskommunikation in naher Zukunft beschäftigen könnte, sind beispielsweise Fake News Meldungen über das eigene Unternehmen. Zwar gab es schon immer Desinforation, wie Claire Wardle, Leiterin Strategie und Recherche bei First Draft News, in der Session „BeyondFake News: Tackling the Disinformation Ecosystem in Europe“ erklärte, aber es wird einfacher, sie zu verbreiten.

In Zeiten, in denen Falschmeldungen sich über Memes, Social Media Posts, Blogs und Foren in extremer Geschwindigkeit verbreiten, ist es also durchaus denkbar, dass auch Gegner eines Unternehmens diese Möglichkeiten nutzen. Es ist deshalb heute noch wichtiger als früher, zu monitoren, was – auch online – über ein Unternehmen gesagt wird und klug darauf zu reagieren.

Laut Claire Wardle ist es in Sachen Fake News besonders wichtig, den breakingpoint zu erkennen, an dem aus einer kleinen Falschmeldung ein großer Shitstorm wird. Kleine Verschwörungstheorien in Filterblasen, empfiehlt sie, sollte man besser ignorieren, weil man sonst nur Öl ins Feuer der Empörung gieße.

Haben sich Falschinformationen aber weitreichend verbreitet oder werden gar von klassischen Medien aufgegriffen, muss man reagieren. Hierbei genügt nicht nur die Benennung einer Meldung als falsch, sondern der gesamte Gegenstand der Falschmeldung sollte umfassend erklärt und beleuchtet werden. Auch die klassischen Medien sind hier in der Pflicht. Deshalb hat unter anderem die dpa auch erst kürzlich eine zusätzliche Fact Checking Unit gegründet.

Was tun gegen den rauen Umgangston in den sozialen Medien?

Ein weiterer Trend, der sich auch auf die Kommunikation auswirkt, ist der zunehmend raue Ton in Online-Diskussionen. Nicht nur bei politisch polarisierenden Themen ist hatespeech inzwischen an der Tagesordnung. Auch Unternehmen werden von Nutzern zum Teil mit Beleidigungen bedacht und angepöbelt.

Wie man idealerweise darauf regiert, wurde auf der re:publica ebenfalls in einer Session zu „anständigem Community Management“ diskutiert. Das Fazit: Pöbelnde Nutzer nicht bloßstellen, sondern freundlich bleiben, auf die Netiquette verweisen und gegebenenfalls – insofern Äußerungen strafrechtlich relevant sind – durch die Betreiber des jeweiligen Netzwerks löschen lassen und zur Anzeige bringen.

Ein weiterer Tipp fürs Community Management aus dieser Session: Positive Nutzerkommentare hervorheben und darauf reagieren, um die Diskussion in eine andere Richtung zu schieben. Es heißt also gelassen bleiben, auch wenn der Ton rau wird. In dieselbe Kerbe schlugen auch Netzexperte Sascha Lobo und Autorin Carolin Emcke bei ihrer Beschäftigung mit hatespeech und rechten Ergüssen im Netz.Lobo empfahl, immer im Hinterkopf zu behalten, dass im Netz potentiell immer ein unbekannter Dritter mitliest, der ohne Hintergrundwissen alles falsch verstehen kann und empfahl, sich immer zu fragen, welche Einstellung überhaupt hinter einer Äußerung stehen kann. Carolin Emcke fasste ihre Gedanken in einem der prägnantesten Sätze der ganzen Konferenz treffend zusammen: „Wer Hass mit Hass begegnet, hat sich schon verformen lassen.“

Change Kommunikation wird wichtiger

In Sachen Change Kommunikation ist der gesamte Komplex „Arbeiten 4.0“ ein enormes Thema, dessen Bedeutung täglich wächst. Wie verändert sich ein Unternehmen eigentlich durch die Digitalisierung, wie wird es agiler, wo wird künstliche Intelligenz künftig Prozesse beeinflussen? Und vor allem: Wie bindet es seine Mitarbeiter in die Veränderung mit ein und nimmt ihnen die Angst davor? Fragen, auf die jedes Unternehmen seine eigenen Antworten finden muss, wenn es in einer digitaleren Welt dauerhaft überleben will.

Es gäbe noch viel mehr zu erzählen von der re:publica. Von Chatbotversuchen und Gesundheitsapps und Immersive Storytelling. Von Menschen, die auf Handys starren und der außergewöhnlichen Konferenzatmosphäre mit fester Duzkultur auf Augenhöhe. Aber jeder Blogbeitrag muss einmal ein Ende haben, weshalb mir am Ende nur eins zu sagen bleibt.

Die re:publica ist immer eine Reise wert. Für Kommunikatoren genauso wie für Nerds.

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